Aktuelle Fragen + Antworten zum Arbeitnehmerentsendegesetz
Mit Wirkung vom 01.07.2007 ist das Entsendegesetz für die Gebäudereinigung in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt stehen die wesentlichen tariflichen Re-gelungen unter besonderem gesetzlichem Schutz und werden durch die bei den Hauptzollämtern angebundene Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) geprüft. Die wesentlichen Folgen für die Gebäudereinigungsunternehmen und ihre Kunden hatten wir bereits zusammengestellt.
Auf einige Einzelfragen, die in den letzten Wochen häufig an uns herangetragen wurden und die wir zum Teil mit dem Hauptzollamt abklären konnten, gehen wir im Folgenden ein.
Mit monatlich gleichbleibenden Pauschallöhnen auf der Basis von 21,75 Tagen ist zwar bei einem Arbeitnehmer, der ganzjährig beschäftigt ist, auf das gesamte Jahr gesehen der Tariflohn eingehalten, je nach Beschäftigungsbeginn bzw. -ende kommt es für den Arbeitnehmer allerdings zu Vor- bzw. Nachteilen.
Die FKS beim bundesweit zuständigen Hauptzollamt in Köln hat sich zur Zulässigkeit einer derartigen Zahlweise noch nicht festgelegt, sondern will dies mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und dem Bundesministerium für Finanzen abstimmen. Um kein Risiko einzugehen, empfiehlt es sich deshalb, von Pauschallohnvereinbarungen abzusehen, es sei denn, sie sind so hoch, dass sie in jedem Monat, d.h. auch in einem Monat mit 23 Arbeitstagen, die tariflichen Ansprüche abdecken.
Der Lohntarifvertrag und damit auch die Kontrolle des Stundenlohnes gelten in den Lohngruppen 1 bis 6 nur für Reinigungstätigkeiten. Soweit in einem Gebäudereinigungsunternehmen noch Arbeitnehmer außerhalb der Reinigung beschäftigt werden, wie z.B. Hol- und Bringe Dienste, Pförtnerdienste, Bewachung, Küchenhilfen, Lagerarbeiter, Fahrer, Garten- und Landschaftspfleger etc., so sind diese lohntariffrei. Werden sie teilweise auch mit Reinigungstätigkeiten beschäftigt, kommt es auf ihre überwiegende Tätigkeit an.
Reinigen sie überwiegend, so gilt der Lohntarifvertrag für die gesamte Arbeitszeit, sind sie überwiegend mit anderen Tätigkeiten beschäftigt, so gilt für die gesamte Zeit kein Lohntarifvertrag. Für alle gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung, d.h. auch für die Nichtreinigungskräfte gilt aber der Rahmentarifvertrag.
Zwei Prüfpunkte aus dem Entsendegesetz betreffen den Rahmentarifvertrag, nämlich der Urlaubsanspruch und die Mehrarbeitsvergütung. Nach Ansicht der Hauptzollämter ist deshalb auch für gewerbliche Nichtreinigungskräfte in Gebäudereinigungsunternehmen eine Arbeitszeitliste zu führen. Diese hat ihren Sinn ausschließlich in der Kontrolle der Mehrarbeit und des in diesem Fall zu zahlenden Mehrarbeitszuschlages (25 %). Der volle Rahmen- und Lohntarifvertrag gilt dagegen für gewerblich Beschäftigte in der Lohngruppe 7. Dies sind Arbeitnehmer, die mit Tätigkeiten beschäftigt werden, für die eine dreijährige Ausbildung erforderlich ist. Als einzige Lohngruppe ist diese nicht auf Reinigungstätigkeiten beschränkt. Soweit ein Gebäudereinigungsunternehmen zum Beispiel einen gelernten Maler und Lackierer mit seinem Berufsbild entsprechenden qualifizierten Tätigkeiten beschäftigt, gilt für diesen nicht nur der Rahmen- sondern auch der Lohntarifvertrag. Hinzuweisen ist darauf, dass für Angestellte weder der Lohn- noch der Rahmentarifvertrag gelten und damit auch keine Bestimmungen des Entsendegesetzes.
Es hat tatsächlich bereits den Versuch der Umgehung des Entsendegesetzes gegeben, indem gewerblichen Reinigungskräften Angestelltenverträge vorgelegt wurden. Angestellter kann allerdings nur derjenige sein, der überwiegend kaufmännische, technische oder aufsichtsführende Funktionen hat. Wer überwiegend manuell tätig ist, unterliegt den Bestimmungen des Lohn- und Rahmentarifvertrages für die gewerblich Beschäftigten und damit dem Entsendegesetz. Die Hauptzollämter orientieren sich hierbei nicht an der vertraglichen Einordnung, sondern der tatsächlichen Tätigkeit.
Realistisch prüfbar für eine Veränderung in Angestelltenverhältnisse sind viel-fach nur Vorarbeiter. Gewerblich tätige Vorarbeiter (Lohngruppe 4) sind diejenigen, die überwiegend noch manuell mit Reinigungstätigkeiten beschäftigt sind, daneben aber im geringeren Umfang Aufsicht führen und zusätzlich schriftlich zum Vorarbeiter ernannt wurden. In der Praxis sind viele als „Vorarbeiter“ benannte Arbeitnehmer in Gebäudereinigungsunternehmen weit überwiegend oder sogar fast ausschließlich mit aufsichtführenden Tätigkeiten beschäftigt. In diesen Fällen können die Vorarbeiter auch Anstellungsverträge als Objekt-, Team- oder Abschnittsleiter erhalten.
Zuschlagspflichtige Mehrarbeit liegt nur vor, wenn die regelmäßige tarifliche Vollzeitarbeitszeit überschritten wird. Die Überschreitung der vertraglichen Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigten ist nicht zuschlagspflichtig, sofern hiermit nicht die tarifliche Vollzeitarbeitszeit von 39 Wochenstunden überschritten wird. Soweit dies der Fall ist, sind auch nur die Stunden zuschlagspflichtig, welche die 39-Stunden-Woche überschreiten.
Da Überschreitungen zudem binnen eines Monats durch Arbeitszeitverkürzungen ausgeglichen werden können, liegt eine zuschlagspflichtige Mehrarbeit nur vor, wenn im Schnitt eines Monats 39 Wochenstunden überschritten werden.
Entscheidend für die Geltung der Tarifverträge ist ausschließlich, ob in einem Betrieb überwiegend Reinigungstätigkeiten ausgeführt werden. Bei Hotelreinigungsbetrieben, die sich häufig als „Hotelservice“ oder ähnlich bezeichnen, kommt es ebenfalls nur darauf an, ob die Arbeitnehmer in dem Hotelservice-Betrieb mehrheitlich mit Reinigungstätigkeiten beschäftigt sind. Nach Ansicht der Hauptzollämter ist davon bei Zimmermädchen in der Regel auszugehen.
Wegen der Erfahrungen mit der Hotelreinigung bei Überprüfungen in der Vergangenheit, haben die Hauptzollämter angekündigt, diesen Bereich besonders zu prüfen.
Auch für Hausmeisterdienste oder wie auch immer genannte Servicebetriebe ist es rein faktisch entscheidend, welche Tätigkeiten im Vordergrund stehen. Der technisch orientierte Hausmeisterservice, der keine oder nur untergeordnet Reinigungstätigkeiten vornimmt, unterliegt nicht dem Tarifvertrag, derjenige, der überwiegend Reinigungstätigkeiten vornimmt, ist dagegen an die Tarifverträge der Gebäudereinigung gebunden.
Der Verleih von Reinigungskräften ist grundsätzlich weiter erlaubt. Allerdings müssen Leiharbeitsunternehmen für die Arbeitnehmer, die als Reinigungskräfte verliehen sind, die Mindestbedingungen nach dem Entsendegesetz erfüllen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Reinigungskräfte an ein Gebäudereinigungsunternehmen oder unmittelbar an den Kunden ausgeliehen werden.
Den verliehenen Reinigungskräften ist mindestens der Tariflohn (Stundenlohn), die Mehrarbeitsvergütung, der Urlaubsanspruch und sobald es allgemeinverbindlich wird, das zusätzliche Urlaubsgeld zu gewähren. Diese Mindestbedingungen ersetzen aller-dings nicht die in der Regel mit Leiharbeitnehmern vereinbarten Zeitarbeitstarifverträge, sondern ergänzen sie nur als Mindestbedingungen.
Alle Bedingungen in den Zeitarbeitstarifverträgen, die im Entsendegesetz nicht oder aus Sicht des Arbeitnehmers nicht so günstig geregelt sind, gelten wie bei den Haustarifverträgen weiter fort. Diese Bedingungen unterliegen allerdings nicht der Kontrolle der Hauptzollämter, aber weiterhin der Kontrolle durch die Regionaldirektionen der Agentur für Arbeit nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.
Nach § 3 Ziffer 2.1 des Rahmentarifvertrages beginnt und endet die Arbeitszeit an der betrieblichen Sammelstelle oder an der Arbeitsstelle, je nach Vereinbarung. Ohne nähere Vereinbarung beginnt die Arbeitszeit damit in der Regel im Office nach dem Umziehen mit dem Einrüsten des Reinigungswagens.
Sofern die elektronischen Listen alle Pflichtangaben enthalten, können sie auch elektronisch geführt und gespeichert werden. Selbstverständlich muss die Möglichkeit zum Ausdruck bestehen.
Die Aufbewahrungsfrist nach dem Entsendegesetz beträgt 2 Jahre. Sofern diese Listen allerdings auch die für die Beitragsüberprüfung der Sozialversicherung erforderlichen Arbeitszeitlisten für geringfügig Beschäftigte ersetzen sollen, bleibt es hier unverändert bei einer Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren.
Neben den Bestimmungen des Entsendegesetzes kann das Hauptzollamt auch Verstöße gegen andere Gesetze prüfen und im Wege der Amtshilfe an andere zuständige Behörden weitergeben. Durch die Arbeitszeitlisten können Ver-stößen gegen das Arbeitszeitgesetz offensichtlich und an die zuständigen Ämter für Arbeitsschutz weitergeleitet werden. Hierbei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass nach dem Arbeitszeitgesetz jedem Arbeitnehmer nach 6-stündiger Tätigkeit eine mindestens 30-minütige und bei 9-stündiger Tätigkeit eine mindestens 45-minütige Pause zusteht. Als regelmäßige Höchstarbeitszeit dürfen 48 Wochenstunden nicht überschritten werden.
In einzelnen Wochen kann bis zu 60 Stunden gearbeitet werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich (48 Wochen-stunden) nicht überschritten werden. An einzelnen Tagen darf nicht länger als 10-Stunden gearbeitet werden. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit muss den Arbeitnehmern eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden gewährt werden. Sonn- und Feiertagsarbeit ist ohne Sondergenehmigung nur in Objekten zu-lässig, in denen kontinuierlich gearbeitet werden muss, z.B. Krankenhäusern und Hotels.